Matze und ich laufen über den Strand entlang. Es sind kaum mehr Leute da, die Sonne ist Nachmittags schon mild geworden. Ich versuche alles in mich aufzunehmen und abzuspeichern: Den Geruch, den milden Wind, die Sonnenstrahlen, die Farben, das Gefühl von Sand unter meinen Füßen. Weil ich weiß, dass das hier irgendwann nur eine Erinnerung sein wird. Ich versuche mir vorzustellen, dass wir endlich hier sind: Am Great Barrier Reef. Mein Kopf kann es noch nicht so recht begreifen. Aber mein Herz ist schon ganz da. Wir laufen zurück. Der Sundowner wartet.
Green Island. Der Name ist wie gemacht für diesen kleinen, grünen Tropfen mitten im paradiesischen Blau des Great Barrier Reefs. Alleine der Name steht für das andere Ende der Welt, ein zu schützendes Stück Erde. Tatsächlich heißt die Insel nicht auf Grund ihres Regenwaldes so, sie bekam ihren Namen von James Cook, der sie nach dem Austronomen Charles Green benannte. Und sie ist winzig! Gerade einmal 300m breit und 650m, mit einem Umfang von 1,5km. Perfekt für eine Übernachtung oder auch nur einen Tagesausflug.
Die Meinungen über „die perfekte, kleine Trauminsel“ hier gehen aber auseinander – denn tagsüber ist Green Island keine einsame Insel. Von Cairns aus gehen täglich mehrere Fähren und bringen die Tagestouristen. Immerhin war Green Island eine der ersten, touristisch genutzten Inseln und blickt auf eine weit über 100-jährige Geschichte zurück! Die Boote legen am langen Steg an und die Besucher verteilen sich erstaunlich gut über die kleine Fläche. Einige fahren zu Schnorcheltouren ins Outer Reef, andere gehen sofort zum Essen und ein Teil geht zum Strand. Mittags geht es also ordentlich zu!
Als wir von unserer Familie, die wir in Australien besuchen, gefragt werden, ob wir nach Green Island wollen, zögern wir aber keine Sekunde. Man muss nur einmal in die Google Bildersuche eintauchen! Und dann bekommen wir alle auch noch die Gelegenheit in diesem Resort zu übernachten – was eigentlich für uns ein Ding der Unmöglichkeit wäre!
Wir kommen wie alle anderen Touristen mit der Morgenfähre gegen 10Uhr morgens an. Preise vergleichen lohnt sich, denn oft sind in den Tickets nicht nur Hin- und Rückfahrt, sondern auch gute und hochwertige Schnorchelausrüstung inbegriffen. Man muss also nichts mitbringen! Die Überfahrt selbst dauert nicht lange, gerade einmal 45 Minuten in einem klimatisierten Katamaran, der je nach Seegang durch die Wellen schießt. Bereits nach 15 Minuten, wenn man sich etwas vom trüben Ufer entfernt hat, wird das Wasser immer klarer. Und die ersten Riffe ziehen an einem vorbei.
ÜBER GREEN ISLAND
Wie schon erwähnt, ist die Insel nicht besonders weit von Cairns entfernt. Nur 27km trennen sie vom Festland. Bereits lange, bevor die weißen Siedler sie entdeckten, bis ins 18. Jhd. hinein nutzen sie die Aborigines zum Fischen und Jagen. 1770 war es dann James Cook, der ihr ihren heutigen Namen gab. Von da an gab es Versuche von Kokosplantagen, aber schon 1890 kam das erste Schiff nach Green Island, das nur dem touristischen Zweck diente: Die Zeus. 1906 wurde die Insel dann zum Naherholungsgebiet ernannt und öffentliche Fährverbindungen eingerichtet. Danach kamen turbulente Zeiten, Kriege fingen an und zogen vorüber, das ursprüngliche Resort ging bankrott, stand leer, wurde aufgekauft, öffnete wieder, die Welt pendelte sch langsam wieder ein und 1992 begangen die Umbaumaßnahmen des heutigen Resorts, das 1996 eröffnet wurde.
Die Unterwasserwelt unterteilt sich grob in zwei Bereiche: Die Seegras-Felder im seichten Wasser und das steiler abfallende Riff. Auf den ersten Blick mag Seegras nicht so farbenfroh sein wie so manche Korallen, bietet aber Schildkröten ein Futterparadies. Nirgendwo sind die Chance besser, mit gleich zwei Schildkröten zu schwimmen!
Etwas Besonderes ist auch die Vegetation der Insel: Während am Strand durchgängig typische Strandpflanzen wachsen, verändert sich das Bild schlagartig, sobald man wenige Schritte in das Herz der Insel vordringt.
Von 300 Koralleninseln ist Green Island die einzige mit einem echten Regenwald!
Somit bietet die kleine Insel nicht nur atemberaubende Schnorchelmöglichkeiten, sondern auch eine unglaublich große Artenvielfalt ein Pflanzen und Vögeln (die einem auch mal das Brot vom Frühstückstisch klauen können….!)
ÜBER DAS GREEN ISLAND RESORT
Während alle Tagestouristen sofort zum Wasser rennen, checken wir gemütlich ein. Das Resort ist perfekt in den Dschungel eingebettet und als wir uns durch die Pfade zu unseren Zimmern schlängeln, ist es seltsam dunkel und kühl um uns herum. Überall stehen meterhohe Palmen und dicke Lianen hängen von Dächern und Bäumen herab.
Die Zimmer sind herrlich großzügig geschnitten und erinnern mit dem dunklen Holz stark an die Bungalows auf Fiji. Neben Ventilatoren gibt es noch Klimanlagen, aber auch eine großzügige Badewanne und Regenschauer-Dusche. Ja, das Zimmer ist alles andere als das 08/15-Standart-Doppelzimmer! Wir halten uns hier aber nicht lange auf, sondern cremen uns ordentlich ein und brausen ebenfalls zum Strand. Noch geht es dort etwas voller zu, da die Tagestouristen noch da sind. Aber wir stürzen uns sofort ins Wasser.
Nachhaltigkeit wird hier groß geschrieben, immerhin unterstützt das Resort Schutzprogramme des Riffs und trägt selbst mit Stationen und Messungen zum Erhalt des UNESCO Weltnaturerbes bei. Es gibt eigene Wasseraufbereitungsanlagen, um da Regenwasser komplett der Natur zu überlassen, sowie abbaubare Hygieneartikel und Solarzellen (mit Generator-Unterstützung) für die Elektrizität. Lest hier mehr über die Eco-Facts.
Kaum verlässt das letzte Boot um 14.30Uhr die Anlegestelle, senkt sich eine seltsam entspannte Ruhe über Strand und Resort. Als ob die Insel ihren Businessanzug auszieht. Und einfach durchatmet.
Die Insel bietet neben Strandliegen und Schnorchelausrüstung noch eine Menge Touren und Aktivitäten für Resortgäste. Es gibt ein kleine Imbisstände und Shops, Nachttouren durch den Regenwald, Dinner direkt am Strand, Sternebeobachtung durch Teleskope und eine Krokodilfarm.
Nachdem wir den ganzen Tag schnorcheln, in der Sonne liegen und spazieren gehen, gibt es am Nachmittag eine Fischfütterung, bei der ich meinen allerersten Hai sehe. Und zwar genau dort, wo ich nur wenige Stunden zuvor durch das Wasser geglitten bin! Mein Herz rutscht mir in die Hose, aber alle Anwesenden versichern uns, dass die Haie hier friedlich und nicht interessiert am Menschen sind. Sie sind wohlgenährt und nicht gestresst. Und tatsächlich gleitet der graue Freund seelenruhig durch die Fischmenge und verschwindet im Blau des Wassers.
Trotzdem, das Gefühl, dass ich hier in seinem Zuhause rumschwimme, bleibt bis zur Abfahrt. Und ich drehe mich beim Schnorcheln das ein oder andere Mal ängstlich um, als ich einen Schatten zu sehen glaube!
Nach der Fischfütterung beobachten wir mit den anderen Resortgästen den Sonnenuntergang. Alkohol ist in Australien teuer, aber hier geht der Prosecco und das Bier aufs Haus. Die Luft wird immer kühler. Wir sitzen zu 5 am Strand und schauen auf das Wasser, dass drei von uns ihr Zuhause nennen können. Wir beobachten die zwei Kinder, die mit dieser einzigartigen Schönheit aufwachsen und das Riff so gut kennen wie manche hier noch nicht einmal den Forst ums Eck. Es ist ein wundervoller Moment.
Danach ziehen wir uns erst einmal auf die Zimmer zurück und genießen alle Annehmlichkeiten. Da das Wasser aufbereitet wird, schäme ich mich auch nicht, als ich an Bad nehme. Es geht ein leichter Wind und während ich in der Badewanne sitze, höre ich seltsame Vögel, seltsame Insekten und das Rascheln der Palmblätter vor dem Fenster.
Das Abendessen ist Küche auf höchstem Niveau: ich gönne mir zuerst ein Tintenfisch-Carpaccio und anschließend noch ein Garnelen-Spargel-Risotto. Eigentlich möchten wir dann noch eine Nachtwanderung machen, versacken aber bei einer Flasche Wein und einer späten Käseplatte auf unserem Balkon – man muss das Leben eben nehmen, wie es kommt! ;)
Am nächsten Tag sind wir noch vor dem Frühstück im Wasser, der Wecker klingelt um 6:30Uhr – die perfekte Zeit, um die Unterwasserwelt beim Aufwachen und Fressen zu beobachten. Und tatsächlich ist sie da: DIE ERSTE SCHILDKRÖTE MEINES LEBENS, KEINEN METER VON MIR ENTFERNT!
Gemächlich gleitet sie an mir vorbei, größer als ich dachte, sanft, und frisst unbeeindruckt vom Seegras. Ich versuche ihr vorsichtig zu folgen, wir schwimmen ca. 10 Minuten nebeneinander her, dann hat sie wohl keine Lust mehr und ist in drei kräftigen Schlägen verschwunden.
Dafür sehe ich endlich Seesterne, zahlreiche bunte Fische, von denen ich nur den Clownsfisch benennen kann und auch einen Schwarm größerer Fische, die so groß sind wie mein Kopf. Ich sehe mich hier doppelt um, denn sie sehen appetitlich aus und ich möchte hier niemandem begegnen, dem das Appetit macht!…
Mit salziger Haut und Haaren stürzen wir uns dann noch auf das Frühstücksbuffet, das keine Wünsche offen lässt und lachen über die großen Kraniche, die bei manchen Gästen recht erfolgreich ihr Brot aus den Körben klauen.
Nach dem Frühstück packen wir unsere Sachen, erholen uns noch kurz und nehmen die Fähre zurück zum Festland. Und an besonders kalten Tagen hier in München wünschte ich mir, es wäre nur 45 Minuten auch von unserem Zuhause entfernt…